Abstract
Seit Jahrzehnten dokumentieren Umfragen die Beunruhigung der österreichischen Bevölkerung über (wachsensende) soziale Ungleichheit. Maßnahmen zur Ungleichheitsreduktion scheinen dennoch weitgehend gesellschaftlich umstritten. Dieser Beitrag untersucht mittels Fokusgruppen unterschiedliche Assoziationen von Respondent:innen bei gebräuchlichen Fragen zu Einkommensungleichheit in Surveys. Die qualitative Auswertung zeigt die Vielfalt an Deutungen und hinterfragt folglich die Konstruktvalidität klassischer Survey-Items. Konsens herrschte in den Fokusgruppen über die wichtige Rolle genderspezifischer Einkommensungleichheiten und die Dominanz des Leistungsprinzips, dessen Definition selbst allerdings hart umkämpft ist. Zudem artikulieren Teilnehmer:innen Ohnmachtsgefühle hinsichtlich der Umsetzbarkeit von Maßnahmen zur Ungleichheitsreduktion, die etwa auf Staats- und Elitenskepsis zurückzuführen sind. Schließlich zeigt die Studie Fluidität von Ungleichheitseinstellungen, die sich beispielsweise in inkonsistentem Antwortverhalten in den Fokusgruppen äußert, sowie ein Phänomen, das als „Reden über andere“ bezeichnet werden kann.