Abstract
Rationalität, dezentrale Koordination und Informationsverarbeitung durch den Preismechanismus, kollektive Entscheidungen durch Aggregation individueller Präferenzen und Wachstum als zentrales Lösungskonzept für gesamtwirtschaftliche Knappheitsprobleme prägen den intellektuellen Rahmen der Ökonomie. Der Autor konfrontiert diese Konzepte mit aktuellen Gefährdungen liberaler Ideen und demokratischer Institutionen, wie sie am Rande unserer Disziplin, in anderen Wissenschaften oder in der allgemeinen Öffentlichkeit diskutiert werden. Die Gegenüberstellung macht Defizite im ökonomischen Denkrahmen sichtbar und weist die Ökonomie auf neue Aufgabenstellungen hin. Im mikroökonomischen Bereich verschiebt sich die Perspektive von der ökonomischen Aktion und Interaktion unter gegebenen Präferenzen und Marktbedingungen hin zur Arbeit an den Grundlagen für mündiges Handeln und ein funktionsfähiges Zusammenleben freier Individuen. Für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung verlagert sich der Fokus von der Expansion hin zu Fortschritt als gelungenem Wandel. Die mit dieser Verlagerung verbundenen Weichenstellungen werden anhand von zwei Beispielen diskutiert: der digitalen Revolution und der Klimakrise.