Abstract
In Zeiten multipler Krisen geraten Wirtschaftsprognosen zunehmend in die Kritik. Sie reichen über ihre statistische Tragfähigkeit hinaus und sind weit mehr als Modelle – sie strukturieren politische Debatten, beeinflussen Erwartungen und legitimieren Entscheidungen. Ihnen ist inhärent, dass sie auf Annahmen, Vereinfachungen und statistischen Zusammenhängen historischer Daten beruhen. Dabei orientieren sie sich an den Entwicklungen vergangener Jahre und setzen implizit voraus, dass sich die Zukunft ähnlich verhält. Besonders in einer krisengeprägten Zeit struktureller Umbrüche ist dies problematisch, weil sie mit scheinbarer Präzision Unsicherheit verdecken können. Der Beitrag untersucht, wie verlässlich Konjunkturprognosen heute noch sind, welche Rolle Prognosefehler spielen und wie Krisen messbar gemacht werden können. Abschließend wird diskutiert, wie ein verantwortungsvoller Umgang mit Prognosen aussehen könnte – durch breitere Wohlstandsindikatoren, verbesserte Datenverfügbarkeit und die systematische Einbeziehung von Risiko- und Krisenindikatoren.

