Abstract
Seit der ersten Hälfte der siebziger Jahre häufen sich soziologische und ökonomische Studien über eine Polarisierung der Gesellschaft bzw. einen „Verlust der Mitte“: Digitalisierung und Automatisierung von Routinetätigkeiten würden die Nachfrage nach hohen Qualifikationen steigern und mittlere entwerten; in weiterer Folge wären auch mittlere Einkommen und Berufe mit mittleren Qualifikationsanforderungen bedroht. Für Österreich zeigt die Studie jedoch einen generellen Trend der Höherqualifizierung, bei dem nur der unterste Bereich der unqualifizierten und instabilen Arbeitsverhältnisse zurückfällt. Die Berufsstruktur änderte sich trotz des raschen Strukturwandels wenig, da die breite Ausbildung der Arbeitskräfte ihren flexiblen Einsatz ermöglicht. Bei den Einkommen zeigt sich keine quantitative, sondern bloß eine qualitative Polarisierung durch Zunahme und Verfestigung der instabilen Beschäftigungsverhältnisse. Insgesamt ergibt sich, dass der bildungspolitische Ansatz der generellen Höherqualifizierung in Österreich erfolgreich war: Er konnte einen „Verlust der Mitte“ bisher verhindern und die Polarisierung in engen Grenzen halten. Allerdings entsprach der generellen Höherqualifizierung eine Abspaltung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im unqualifizierten Niedriglohnbereich, zum geringen Teil AbsteigerInnen, vor allem aber Beschäftigte mit Migrationshintergrund. Insofern gilt es, einer Polarisationstendenz durch Entstehen eines HilfsarbeiterInnen- und Dienstleistungsprekariats mit instabiler Beschäftigung und niedrigen Löhnen entgegenzuwirken.